Seltsame Früchte

Paprikosen – Brote Rüben – Gedankensalat – Gartensch-Lauch – Pferdeäpfel – Petrasilie – Kopfnuss – Rhabarbara – Paradieser – Manngold – Anpflaumen

 

Würde Mozart

auferstehen aus seinem Himmel, der bestimmt voller Geigen und Klaviere hängt, und zufällig in den Morgenstunden eines heftigen, eben ausklingenden Raves landen, er würde zuerst mal fragen: „Weiß denn auch Euer Erzbischof davon?“
Und dann, etwas abgehoben schwebend, um sein Gehör zu schonen, und sehr verwundert über das Gehopse, ein anmutiges Menuett komponieren, zu dem es sich richtig tanzen lässt. Für die Müdigkeit après empfiehlt unser Wolfgang viel Gebratenes und Gekochtes aus Salzburger Gasthöfen, dazu ein paar Flaschen Rosso di Marco. (Den Roten Bullen kickt er einfach zur Seite.) Als Tafelmusik lässt er sein Violinkonzert Nr. 3 einspielen, weil, er hat alles, fremde Sprachen, interaktiv-Menschliches, Musik-sowieso und Zusammenhänge-allgemein immer schnell begriffen, und jetzt auch die Mysterien v. Streaming.
Violinen also. Doch noch vor dem Ende der Fete erklingt von oben Exsultate jubilate: so reine Engelstimmen, hach!
Und Mozart, ein wenig durcheinander vom Event, fährt dankbar auf, zurück in seinen Himmel aus Geigen und klarem Geist.

Gesundwerden

rückt näher. Fühl mich wie beim Aufstieg aus einem Keller ohne Wärme, mit einem Gefühl wie Einzelhaft auf Matratze mit Stacheln, die genau den linken Fuß pieksen,
doch, weiter rauf ans Tageslicht, und da seh ich, was zu tun ist, der Schuppen vergammelt, Urwald wächst aus den Rändern ins nützliche Grün, und die Enten sind unzufrieden und zeigen das sehr deutlich, sodass ich gleich wieder im Keller versinken möchte, vielleicht nicht ganz unten, aber fern jeder To-do-Liste, leider auch fern vom Leben, von der Hilfsbereitschaft so vieler Menschen ganz nah und auch mittelfern, aber was war es denn sonst, was links und rechts von mir und vor allem innen bebte und summte und forderte, wenn nicht das Leben persönlich, teuer und treu?

Einsam in trüben? Tagen

A:          So kann man nicht leben.
I c h:     Wie kann man nicht leben?
A:          Na so wie du lebst.
I c h:     Siehst doch, dass ich so leben kann.
A:          So allein kann man in echt gar nicht leben.
I c h:     Ich bin nicht allein.
A:          Doch. Ziemlich allein.
I c h:     Fühl mich aber nicht allein.
A:          Sieh dich doch mal um: Ist irgendwer wirklich da?
I c h:     Du bist da.
A:          Das zählt nicht.
I c h:     Doch.
A:          Nahe Angehörige zählen nicht.
I c h:     Erklär mir das mal-
A:          Deine Antwort ist nur eine Flucht vor der Tatsache, dass du tatsächlich
allein bist. Flucht, um den Kummer nicht zu spüren.
I c h:     Wenn ich auch noch Kummer hätte, wären das schon zwei Kümmernisse:
               Das des Kunmers und das des Alleinseins.
A:          Na bitte: Eben hast du zugegeben, dass du allein bist!
I c h:     Es war eine rein theoretische Definition von fiktiven Versionen einer abstrakten Präsenz von Kummer. Außerdem genügt es, mich auf die nackte Erde zu legen, zu hören, wie Wasser in die  Wurzeln dringt, wie es die Lebewesen dort unten ernährt, und wie sie miteinander kommunizieren, von weit entfernten armen und reichen Wesen berichten, die sich nicht einsam fühlen, weil ich ihnen Nachrichten sende: von mir über Wasser und Wurzeln und unbekannte geheime Bahnen, aber das alles funktioniert nur mit geschlossenen Augen und-
A:          (Nicht mehr da.)

Dickes Lob

den Stimmenspeichern Shellac, Vinyl, youtube!
So eine Freude, sie wieder- und wiederzuhören: Leo Slezak. Birgit Nilsson. Nicolai Gedda. Fritz Wunderlich. Lucia Popp. Luciano Pavarotti.
Was ein Tenor! Belcanto! Arien! Canzone!
Pavarotti wirkt. Seine Musik – wie eine Schüssel voll Panna Cotta con fragole, nur halt von außen. Dringt über Ohr, Gehörgänge und Nerven doch ins Innere, wo Genuss und Seligkeit Hochzeit feiern.

Luciano bot Trost in miesen fiesen Zeiten,
bei ganz banaler Alltagsdepri,
in Zeiten von C: Konzertsäle mit Luciano und Publikum ohne Masken. Das war und wird wieder sein, wusste ich.
ER war voll einverstanden und verbeugte sich vor meiner Seherkraft. Und vor seinem Publikum.

Ein Lied unter allen anderen war es, das mich jahrelang begleitet hat:
La Rondine al Nido.

Schwalbe kehrt in jedem Frühling über Gebirge und Meer aus dem Süden zurück.
Nur in diesem Jahr nicht.
Warten. Warten. Vergebens. Wehmut. Ein Addio, in die Ferne gehaucht-

So viel Liebe in der Stimme. Sehnsucht, Trauer, Hingabe.
Das Lied verwandelt sich in einen Film: Der alte Turm…Zypressen und Oleander…die Alten auf steinernen Bänken…Kinder bei wilden Spielen…Sonne zieht ihre Bahnen und grüßt den Herbst. Der Liebende wartet, dass seine Schwalbe wiederkommt.
Luciano singt. Und meint mich!