Die langen Tage

tun nicht gut, weil so viel Tagwerk drin Platz findet. Danach kaum Freizeit, schon Nacht.
Die kurzen Nächte tun gut, weil sie so schnell vergehn und in die Morgendämmerung münden. Bleibt kaum Zeit für Angst. Natürlich hab ich im Finstern keine Angst. Aber, man muss wachsam sein. Auch im Schlaf. Deswegen dürfen die Vorhänge nicht zugezogen sein. Mindestens halb offen. Sonst sehe ich nicht, was sich draußen ereignen könnte.
Einwand: Beim Schlafen sieht man sowieso nichts.
Richtig. Aber, wenn sich im Freien wasauchimmer ereignet, muss ich das sehen und prüfen können, und zwar sofort. Um eiligst einzugreifen.
Erst ein einziges Mal hat sich etwas ereignet (von den unzähligen ich schau halt mal nach, weil es beruhigt, mal abgesehen.): Ein entsetzliches, armseliges Wiep-Wiep-Wiep, in Panik, in Todesangst! Ich – aufgesprungen, Fenster auf: Ein Schatten kletterte übers Hoftor auf die Mauer und verschwand. Marder? Mit Maus im Maul? – Arme Maus.
Wenn die Wochen vergehen, und der Schlaf bleibt ungestört, kommt es doch immer wieder vor, dass ich mir Sachen ausdenke, die sich vielleicht ereignen könnten: Gutes und Schreckliches. Das Andere, das sich jenseits des Vorstellungsvermögens umhertreibt und jederzeit die Türen der Wahrnehmung eintreten könnte, bleibt un-gedacht.
Noch.
Verrückt?
Hm.
Liest man nicht da und dort: „…verbrachte die letzten Jahre in geistiger Umnachtung“?
Niemand redet von geistiger Umtagung.
Das Irrationale gehört der Nacht.
Die Erleuchtung ist dem Licht, der Sonne, dem Tag zu verdanken?
Das zu klären gelingt mir heute nicht mehr. Muss schlafen. Mit Vorhängen-halb-offen.
Gute Nacht @ alle, an Mäuse, Marder und andere Menschen!