Hören. Lesen. Schreiben 13. Kein Spaziergang, keine Wanderung,

ein Vorwärtsdrängen war es, nicht zur Erbauung, bloß zum Dampfablassen, Stress-Abbauen, obwohl, es heißt doch, Wald ist viel zu empfindlich, er möchte diese Vibrations nicht, was mich aber nicht kümmerte, ging es doch um mich,mich, mich. Nur langsam wurde der Zustand besser = ich besserte mich = auf meinem Atem flogen endlich auch positive Feelings ins Freie. Bedächtigere Schritte. Gute Gedanken. Blumen sah ich überall, auch dort, wo grad keine wuchsen.
Bis ich an die Lichtung kam und stille stand. So lieblich. So fichtengrün, föhrengrün, Strauchgrün, grasgrün und grüngrün. Pause. Ruhen. Rundherum so viel Idylle, dass sie wehtat. Nein, das Abschiednehmen tat weh.
In den darauffolgenden Wochen suchte ich noch oft diesen Platz auf. Einfach da sein. Nichts müssen. Allein-Sein dürfen und doch verbunden mit der Welt dort draußen.

Jahre später bekam ich ein Buch geschenkt, das mit seinem Titel  (zu?) viel zu versprechen schien. Ich las, und las es zu Ende in wenigen Tagen, und bald darauf noch einmal.
Die Autorin erzählt von einer Wanderung, die als Wurzel?, Impetus? Motivation jahrelang in ihr schlummerte und eine Abzweigung in ihrem Leben begründete, die zu einer Reise nach Venezuela führte und zu diesem Buch:

Jean Liedloff: „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“
becksche Reihe, 1999

Textauszug:

„…auf einer Wanderung in den Wäldern von Maine, wo ich in einem Sommerzeltlager lebte. Ich war ein wenig zurückgeblieben, als ich durch die Bäume hindurch eine Lichtung erblickte. Eine prächtige Tanne stand an ihrem Außenrand und in der Mitte ein kleiner Erdhügel, bedeckt von glänzendem, fast grünem Moos. Die Strahlen der Nachmittagssonne fielen schräg auf das blauschwarze Grün des Nadelwaldes. Das kleine Dach, das vom Himmel zu sehen war: ein vollkommenes Blau. Das ganze Bild war von einer solchen Vollkommenheit konzentrierter Kraft, dass es mich abrupt stehenbleiben hieß. Ich trat an den Rand der Lichtung und dann, behutsam wie an einem magischen oder heiligen Ort, in ihre Mitte, wo ich mich hinlegte, die Wange gegen das frische Moss gepresst. „Hier ist es“, dachte ich.“

In Venezuela lebte die Jean Liedloff zweieinhalb Jahre beim Stamm der Yequana-Indianer und ist überrascht und fasziniert vom harmonischen Zusammenleben dieser Menschen, vor allem auch von der weisen Art der Kindererziehung – viel eher sollte es heißen: Von der Art, die Kinder groß werden zu lassen.