eat the unverschämt rich

Heute dachte ich mir wieder, bin ich reich! Zwischen blühenden Himbeersträuchern das Unkraut wegmachen, Marillen beim Changieren von pelzig-Grün nach hoffnungsvoll-Gelb beobachten, das wird nur Sonnenkindern des Schicksals zuteil. Und schon schwebte ich ein bisschen…,
gerade so weit, so hoch, dass mir die zornigen Lettern der Gerechten ins Auge knallten:

Eat the rich!

Ich will nicht gegessen werden.
Auch, was die wahrscheinliche Zielgruppe betrifft, bitte ich um Schonung bzw. um maßvolles Abstrafen.
Die anderen (mega-, giga-outrageously-rich) sieht man nicht. Im Schatten, den sie selbst gewählt haben, verstecken sie ihre Millionen, checken Aktienkurse und jonglieren mit möglichst vielen Tochterorganisationen.
Und – ich denke, es ist positiv zu betrachten – sie sehen uns nicht. Uns, die fast Glücklichen zwischen Klee, gerechten Früchten und Millionen von Blattläusen.

 

Nicht sollen wollen

Das erste Thema für den ersten Großen! Roman war nicht richtig gewählt. (Nur so ein Gefühl) Das zweite aber, jetzt in Vorbereitung, viel ernster, mit Tiefgang und real existierendem Background, es schwelt und gärt und freut sich auf alles, was kommt.
Das als erstes anzugehen wäre ein Großes Unternehmen gewesen. Mehr Anstrengung, mehr Recherche, mehr Kaffee.
So aber. Nichts mehr zu machen.

So viel Fleiß und Konzentration in den vergangenen Jahren, und nun Ungewissheit. Wär gut, hätte ich dem Thema, das sich langsam entfernt, mehr Urlaub beschert, und mir das Abschweifen, das Streunen nicht nur in Gedanken: Immer wieder hätte ich Seitensprünge ins lebendige Leben unternehmen sollen. Mehr Vibes, mehr Austausch.
Bei Austausch fällt mir meine Zeit als Au pair auf den Kopf: Ich hätte diese Zeit à Paris! voll auskosten sollen. Anstatt vier Wochen lang in Heimweh zu versinken, dann vorzeitige Abreise, quelle folie!
Auch hätte ich in den Jahren darauf nicht jedem Anfall von Fernweh nachgeben und planlos das Weite suchen sollen mit Übermut, und blind für Gefahren.
Bei Gefahr fällt mir Gefährte ein. Wieviele von ihnen hab ich vergrault, durch Unachtsamkeit, dumme Worte, Dummheit-an-sich, durch Taubheit für Zwischentöne. Und, ich hätte ein Musikinstrument erlernen sollen!

Forts. später: Anstatt das hier niederzuschreiben, hätte ich mein mageres neues Exposé verheizen und neu gestalten sollen. Ich hätte, anstatt vorm PC zu frösteln, im Wald Holz suchen sollen, weil Buchenholzvorrat zu Ende.
Ich sollte nicht dauernd sollte schreiben.
Morgen könnte alles besser werden, vielleicht.

Sich wandelnde Pakete

Leben ist Veränderung,
auch Geburtstagstische sind Beweis für Leben, für Entwicklung, für zunehmende Jahre. Und! für abnehmende Originalität?
Kaum wahrnehmbar hat es angefangen: Geschenke mit teilweiser Nützlichkeitsabstinenz, als i-Tupf, Dekor oder süßes Extra, sind praktischer Anwendungsmöglichkeit gewichen.
„Kannstu sicher brauchen. Musst nicht selber kaufen.“
Ja, eh.
Danke.
Wer so schenkt, hat sich was gedacht dabei, hat sich ins Portemonnaie des Geburtstags-, Weihnachts…-kindes eingefühlt und achtsam gewählt.
Danke, danke!

Warum?
Hält Inflation die Ansprüche an der kurzen Leine?
Wo soll das enden?
Bei Brot-Preisen im 1000 e-Bereich und der Hoffnung auf Aufschwung , auf Hilfe-von-innen-außen?
Oder es geht sowieso alles den Bach runter.
Aber, Bach fließt in den Fluss, Fluss mündet ins Meer. Meer fordert Mut:
Zum Wellenreiten,
zu Aufbruch, zum Schiffe-Bauen, um ferne Inseln azusteuern undund. Schwimmwesten und Navi nicht vergessen.
Viel Glück!

Das nächste Geschenk?
Ein Traum aus Meersalz, Morgenröte und rosa Bonbons.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8. März, keine Feier

Gestern war Frauentag. Glaub, die Mehrheit der Frauen war zu beschäftigt, um sich würdig feiern zu lassen. Zu würde fallen mir gleich ein paar Splitter ein:

o) Würde die Politik alle Gesetze für Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern so ändern, dass frau zustimmen kann: Blieben dann nicht doch Orte ohne Zeugen, ohne Tageslicht, ohne Schutz?

o) Würde es uns weiterbringen, im Sinn von Karma zu handeln? – Jede(r) handelt fair und mit freundlicher Grundstimmung. – Verzeihen statt Wut. – Grenzen respektieren, vor allem die eigene.

o) Milvas Song Zusammenleben birgt die seltsam atavistischen Zeilen

Man (?) wird als Frau nicht schon geboren,
man
(?) wird zur Frau doch erst gemacht…“

Später im Text ein paar kluge Gedanken, immerhin, doch alles nichts gegen die Worte von Giorgos Seféris im griechischen Original: „Sto perigiali“:

Ü: In der versteckten Bucht
weiß wie eine Taube
bekamen wir Durst am Mittag
doch das Wasser war salzig…“

(auch) aus dem Exil gesungen mit Heimweh,
in Griechenland als vielstimmiger, machtvoller Protest von Frauen und Männern in ihrer Sehnsucht nach Freiheit,
genial interpretiert von Maria Farantouri,
deren warme, kraftvolle Stimme es schafft, Schutz und Hoffnung zu schenken und eine Geborgenheit, die nur flüchtig ist und mich fragen lässt, wo?wann? ich mich mit geschlossenen Augen vertrauend niederlassen darf, und ob das überhaupt möglich ist.

Schafe

Vor kurzem fragte mich eine junge Dame: „Was wärst ‘n gern geworden, wenn du nochmal wählen dürftest?“, und ich sagte darauf ohne nachzudenken: „Wanderschäferin.“
Antwort: „Das wär aber viel Verantwortung.“
Ja. Ich hätte Tag und Nacht Sorgen. Lahme Lämmer, unerkannte Krankheiten, komplizierte Geburten, Autos auf Abwegen, Wölfe im Dickicht. Barbaren, die meinen Tieren an die Wolle wollen und ans Blut. – Und kein Handy.
Andererseits: Blöken und Bellen, Natur und Himmel (und Sauwetter, manchmal). Vor allem kein loses Geschwätz. Die Abwesenheit von fremden Worten und Gedanken hätten mit der Zeit meine eigenen an die Oberfläche gespült. Und ich hätte sie vergessen ohne Bedauern. Vielleicht, an einem klaren Morgen nach trüber Nacht, hätten sich glückliche Zeilen zu einem Gedicht geformt. Aus einer was-wäre,-wenn-Spinnerei wäre der Anfang einer Story geworden. Von Lohn oder Sozialhilfe hätte ich ein paar Schillinge gespart, um Schreibzeug zu kaufen. Um Es auszuprobieren: Wie fühlt es sich an, zu lesen, was eben nur unbeachtet in meinem Kopf herumlungerte?
(Das alles nur, wenn die beiden Schäferhündinnen Sappho und Virginia, gerufen Gini, sich treu um die Schafe kümmerten)
„Aber!“, wenden kritische Stimmen ein, von oben, von rechts-links, vom Getümmel dort draußen her, „aber du machst es dir leicht. Du entziehst deine Kräfte der menschlichen Gesellschaft.“ –
„Ja. Nur, ich mit mir, auch das ist menschliche Gesellschaft.“
„Ausrede“, höre ich, und dann kommt ganz schlimmer Vorwurf, in dem es um soziales Engagement geht, um Zuwendung und Bewirken, um gesellschaftliche Teilhabe.
„Ja.“
Es hat keinen Sinn, weiterzustreiten. Weil, eben schaue ich eine fast unwirkliche Erscheinung. Wie Abenddämmerung ohne Abend. Abschied ohne die Zusammengehörigkeit-davor. Tod wird alles mit sich nehmen, das Verweilen in Solitude, das Aufgehen in Hingabe (und das alles), die echten Romane und die Geschichten im Kopf. Aus und vorbei, bald vergessen.
„Aber“, singen die kritischen Stimmen im Chor, „es sind die Augenblicke der Zuwendung, die zählen. Sie nisten sich ein im Gegenüber und keimen. Sie treiben aus und bilden Früchte. Deren Samen verwehen im Wind, vielleicht. Oder, sie landen auf einem fruchtbaren Du.
„Ja, eh“, sag ich nur und schweige eine lange Zeit. Und zieh mir die Kapuze meines Schäferinnenmantels tief übers Gesicht, als wollte ich mich schämen.