Meine Wildfarbene

ist alt und müde. Ende Mai wurde sie elf Jahre alt, aber es gab keine Torte!  aus Körnern und Salat, weil ich’s ganz einfach vergessen hatte, und weil jeder neue Tag ein Geschenk ist, das wir in stiller Freude genießen:
Wenn sie unermüdlich schwimmt und sich treiben lässt und ich weiß, dass sie weiß, dass sie damit ihre Gelenke schont.
Wenn ich zwischendurch die Futterschüssel zu ihrem SchattenRuheplatz bringe, weil ihr das Aufstehen nach langem Dösen besonders schwer fällt, und ich an ihrem Blick erkenne, dass sie weiß, dass ich es weiß.
Noch lebt sie bei Tag im Hier und Jetzt.
(Nicht so wie Mini, Sönam, Judy…, die in den Wochen vor ihrem Tod den Blick nach anderswohin gerichtet hatten.)
Es fehlt ihr nur noch die Sprache…dann—
Stimmt nicht. Sie spricht auf ihre Art. Sie versteht Tonfall und Gestik und den Singsang bei der Heimkehr in den Stall.
Weiß sie, dass sie Ente ist, mit blassen Erinnerungen an ein anderes Dasein?
In einem Buch über alte Kräutermedizin las ich, manche Pflanzen hätten den Wunsch, Tiere zu sein.
Wünschen sich manche Tiere, Menschen zu werden?

Die lose Redensart, im nächsten Leben werde ich mein Haustier würde ich ncht gern verwirklicht sehen:
Nur mensch kann bewusst entscheiden, Schutz und Nahrung zu gewähren. Und: gut und böse unterscheiden.
Tiere handeln instinktiv. Meine Wildfarbene hat Pearl-bei Rekonvaleszenz beschützt: aus Instinkt. Lucky macht Erpel-mit-Macho-Gehabe zahm.

Wäre die Welt eine bessere, wenn jeder aus Instinkt gut sein wollte?